Agiles Marketing Management mit Kanban

Marketing Management mit Kanban

Montagmorgen ohne Kanban/Agile Vorgehensweise: Wöchentliches Stand-up Meeting im Marketing Team.

„Du versendest diese Woche wieder den Newsletter?“, „Ja“, „Wie steht es um die Flyerproduktion?“, läuft.

Noch ein bisschen Smalltalk über Kampagnen-Details und schon hat das Marketing Team wertvolle Stunden verschwendet. Mit Kanban, neben Scrum einer der beliebtesten Prozessmanagement-Methoden, lässt sich das vermeiden. Wir haben den drei Monate Selbstversuch gewagt.

Kanban- Wie agil ist eigentlich ein Marketing Team?

Management-Methoden sind nicht neu, doch die Zeiten, in denen ein Teamleiter seinem Team hinterherlaufen, es micromanagen muss und den Stand aktueller Arbeiten abfragt, sollten eigentlich vorüber sein. 1947 in Japan von Taiichi Ohno entwickelt, legte man mit Kanban den Grundstein für ein System in dem der Mitarbeiter sich seine Tasks selbst zieht. Statt die Produktion von hinten anzuschieben, zieht der Markt die benötigten Ressourcen. Die Idee eines Pull-Prozessmanagements war geboren.

Wichtige Elemente bei Kanban

Kanban lebt von wenigen einfachen Elementen: Ein zentrales Board, auf das alle Teammitglieder einen Blick haben, drei Spalten mit „Backlog“, „In progress“ und „Done“ und natürlich den Kanban-Kärtchen, auf denen eine Aufgabe genau definiert wird. Nicht zu vergessen ist das WIP-Limit. Mit dem Work in Progress Limit regelt man die maximale Anzahl an Arbeiten, die sich in Bearbeitung befinden dürfen. Wird diese Anzahl überschritten, sind Teammitglieder aufgefordert, erst eigene Arbeiten fertigzustellen und dann anderen Teammitgliedern zu helfen, bevor neue Aufgaben gestartet werden.

Kanban Stages auch für Marketing Aufgaben

Fassen wir die Kanban Elemente zusammen:

  • Kanban Board
  • Kanban-Kärtchen
  • 3 Spalten mit Bearbeitungsstatus
  • Work in Progress Limit !!!

Achtung: Ein Board ohne Work in Progress Limit ist kein Kanban Board, sondern einfach nur eine Todo Liste.
Damit genug der Theorie.

Vorteile von Kanban

Seltbstverwaltete Teams im Marketing dank Kanban
Der größte Vorteil eines Kanban Systems ist wahrscheinlich die Logik eines Pull-Systems. Es beantwortet nämlich unmittelbar die Frage: Braucht jemand das, was ich hier tue. Gefolgt von einem Kulturwandel im Umgang mit Aufgaben: Durch einen Blick auf das Board ist jedem sofort klar, wo die wichtigen Themen liegen und was demnächst erledigt werden sollte. Man hat nicht nur den Blick auf seine Aufgaben selbst, sondern kann auch sehen, wie ausgelastet andere Kollegen sind und diese unterstützen, oder um Hilfe bitten. Kommt es bei einer Karte zu Problemen, wird diese mit „blocked“ markiert und es wird darüber gesprochen, wie man die Störung beseitigen kann.

Das wöchentliche Teammeeting, falls überhaupt nötig, wird dadurch zu einem Dialog über Arbeitsweisen und einem strategischen Ausblick. Es geht nicht mehr um die Frage: „Haben alle genug zu tun?“ Durch den geringeren gedanklichen Sprung zwischen unterschiedlichen Aufgaben steigt zudem die Produktivität. Zudem können sich die Teammitglieder mit neuen Themen beschäftigen und eigene Impulse einbringen. (CRO, Marketing Automation, User Research, um nur ein paar Ideen zu nennen.)

Das Kanban Board als Basis

Selbst im Zeitalter der Digitalisierung kann ein Kanban Board als Magnetwand gelöst werden, wenn alle Marketing Manager immer am selben Ort arbeiten. Der Vorteil: Maximale Sichtbarkeit. Spätestens mit Teams, die in agilen Strukturen bzw. an unterschiedlichen Orten arbeiten, empfiehlt sich die Abbildung in einer digitalen Version. Einschlägige Seiten bieten hier eine Vielzahl an Möglichkeiten. Wer es einfach möchte und den Widerstand im Team flach halten möchte, sollte ein simples Tool wählen und klar kommunizieren, worum es bei der Einführung von Kanban geht. Nicht Überwachung, sondern maximale Flexibilität ist das Ziel.

Einführung von Kanban in Marketing -Teams

„Ja klar, bei einem Startup oder einer Agentur mag das klappen, aber unser Unternehmen ist anders.“ Schwachsinn. Eigentlich hat doch niemand Lust auf langweilige Wochenmeetings. Man tut den Kollegen einen Gefallen, wenn man das Thema Kanban mal vorschlägt. Bei aller Toolresistenz: Einen Kollegen suchen, der mitmacht und einfach mal alle Tasks der aktuellen Woche abbilden. Das ist so einfach wie eine Liste schreiben. Danach ein Limit setzen und fertig. Nach einer ersten Testphase kann man mit dem neuen Vorschlag an alle Beteiligten herantreten. Das geht aus Datenschutzgründen nicht? Dann die Papier- oder Whiteboard-Variante. Dennoch braucht es eventuell etwas Feingespür in der Kommunikation und Trainings zum Umgang mit den Tools und Methoden.

3 Monate Kanban-Selbstversuch

Vor gut 3 Monaten haben wir unsere Teamorganisation auf Kanban umgestellt. Nach einer ersten Experimentierphase und dem ständigen *hust* Hinweis, wirklich nur Aufgaben zu erledigen, für die es auch ein Ticket gibt oder angelegt wird, kam die Sache ins Laufen. Kommentare wurden nicht mehr über Verteiler versendet, nur noch Personen zu Aufgaben hinzugezogen, die damit unmittelbar zu tun haben. „Wie steht es denn bei Projekt …?“ War bald kein Thema mehr. Alle Beteiligten haben gelernt, Aufgaben konkret zu formulieren. Das hilft auch zu sehen, woran Kollegen arbeiten, für den Fall, dass mal jemand krank sein sollte. Der nächste Schritt ist es sicherlich, weiter ins Learning zu gehen und „blocked“ Tickets genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch beim WIP Limit wird künftig früher eingeschritten.

Marketing Aufgaben mit Trello und Kanban

Kanban lässt sich ganz einfach mit Trello umsetzen. Dadurch lassen sich nicht nur verschiedene Labels nutzen, sondern auch das WIP Limit visuell schön markieren. Hier wurde das Limit um 4 Aufgaben überschritten. Mit dem Card counter for Trello und Kanban WIP for Trello lassen sich die Limits gut markieren.
Trello und Kaban

Marketing-Aufgaben mit Kanban „managen“

Die Herausforderung liegt natürlich wie immer im Detail – Nehmen wir eine ganz normale Kampagne: Welche Arbeiten sind dafür nötig? Wie groß darf eine Aufgabe sein? Kanban gibt hier keine Limits vor. Je genauer und greifbarer eine Aufgabe ist, umso einfacher ist es für alle Beteiligten, ohne Probleme daran zu arbeiten. Gehen wir vom Pull-Gedanken aus, so möchte ein interner Auftraggeber natürlich erst einmal wissen: Was sind die Ziele der Kampagne? Welche Zielgruppe haben wir und wie könnte eine kommunikative Leitidee aussehen?
Diese 3 Aufgaben kann man nun im Backlog ablegen. Sieht sich der Mitarbeiter die Karten nun an, erkennt er schnell, dass eine Zielgruppendefinition ohne Ziele keinen Sinn macht. Ab einem gewissen Punkt wären Schritt 2 und 3 der Kampagne also als „geblockt“ markiert und man würde das Problem besprechen. Der klügere Schritt ist es – selbstständige Mitarbeiter vorausgesetzt -, dass sich eine Person ohne Aufforderung um eine Zieldefinition der Kampagne kümmert. bei Fragen andere einbezieht und diese Aufgabe komplett fertigstellt.
Mit dem Wissen einer bestehenden Zieldefinition kann sich nun dieselbe Person, oder eine andere Person, das Zielgruppen Ticket schnappen und daran weiterarbeiten. Statt ständig in Meetings zu sitzen, erledigt jeder kleinere, greifbare Aufgaben und am Ende der Woche sind die Erfolge auch sichtbar.

Marketing Prozess-Controlling mit Kanban

Ja, auch bei Kanban gibt es natürlich ein Controlling. So lassen sich Start- und Endzeiten definieren und Durchlaufzeiten für einzelne Aufgaben erkennen. Auch Probleme durch „blocked“ Tickets, oder die Anzahl der Tickets in den jeweiligen Stadien geben Auskunft, wo die Stärken und Schwächen des Teams liegen: Haben alle kreative Ideen, aber niemand will Aufgaben final erledigen? Oder hat niemand Ideen und wartet nur auf Aufgaben, die ihm zugeteilt werden?

Am Ende bleibt die Frage: Kanban, Scrum und oder wöchentliches Bällchen werfen im Team? Was ist der beste Weg, um ein Marketing Team zu managen? Wir freuen uns auf Erfahrungsberichte.

Roland Lindner

Roland Lindner (Linkedin) ist studierter Medienmanager und Marketing Experte bei der Berliner Agentur mediaworx. Er betreut Kunden auf ihrem Weg zum digitalen Erfolg.

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2 Kommentare

  • Soso: “…ein Teamleiter seinem Team hinterherlaufen, es micromanagen muss und den Stand aktueller Arbeiten abfragt, sollten eigentlich vorüber sein”
    Das sollte noch nie so sein, egal welcher Kuchen gegessen wird. Und leider: vermutlich sind diese Zeiten immer noch nicht vorbei. Aber nicht unbedingt weil man diese oder jene Methode einsetzt, sondern weil ein unglaublich wichtiger Aspekt oft übersehen wird (der ganz zufällig ein ganz wichtiger Aspekt beim agilen Arbeiten ist): man kann eigenverantwortlich arbeiten, weil man das Ziel kennt.

    • Hallo Marta, danke für deine Rückmeldung. Kanban selbst liefert natürlich – wie du das auch sagst – kein Ziel (abgesehen von der Optimierung der Zusammenarbeit, der Steigerung der Gesprächs- und Problemlösungskultur, usw.) Auch diese muss man aber definieren und vorantreiben. Das sind alles wichtige Aspekte, die die Identifikation mit der Arbeit vereinfachen und eine Eigenverantwortlichkeit überhaupt erst erlauben. Die voneinander losgelösten Aufgaben und die Systematik der Pull Logik führen zudem zu einer zielgerichteteren Arbeitsweise. Denn wenn niemand die Ergebnisse einer Arbeit benötigt, wird diese auch von niemanden nachgefragt. Das Thema Teamkultur ist dabei abseits von allen Methoden ein wichtiger Punkt. Denn die Frage nach dem “Was machen wir hier und wo wollen wir als Team hin?”, kann auch eine Methode wie Kanban nicht beantworten.

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