Das Thema Leadgenerierung und Gewinnung von Neukunden ist in aller Munde. Marketingmanager werden immer öfter an harten KPIs gemessen und dabei sind nachweisbare Leads häufig eine Währung, mit der die Arbeit der Marketing-Teams bewertet wird. Doch worum geht es bei einer guten Leadgenerierung denn wirklich? Wie generiere ich wertvolle Leads? Und welche Tools und Methoden können mich dabei unterstützen?
Was ist ein Lead?
Der Begriff des „Leads“ ist so viel diskutiert und doch nicht pauschal für dein Unternehmen zu definieren. Per se versteht man unter einem Lead eine Person mit einem bestimmten Interesse für deine Produkte oder Leistungen. Wie viele Informationen über diese Person bekannt sind, ist nicht definiert, man sollte sie aber zumindest irgendwie identifizieren können. Eine E-Mail-Adresse und ein Name sind ein guter Start – die Herausforderung liegt ganz woanders. Wie definiere ich „Interesse“? Nehmen wir das Beispiel eines klassischen Offlineshops: Ich betrete einen Klamottenladen und begebe mich in die Herrenabteilung. Bin ich nun ein Herrenmode-Lead? Ich stöbere durch diverse Hemden. Bin ich nun ein Hot-Lead für Business Kleidung? Vielleicht ist mir nur langweilig und ich überbrücke eine Wartezeit. Vielleicht aber suche ich tatsächlich ein Business Outfit für die nächste Konferenz. Daten über mich werden hier vor allem durch Beobachtung generiert und irgendwann würde eine Verkäuferin auf mich zukommen und mich fragen, ob sie mir behilflich sein kann. Auf Basis der ihr verfügbaren Informationen würde sie mir dann Kleidungsstücke empfehlen, eventuell fragt sie mich nach meinem Budget und was ich vorhabe. Vielleicht fragt sie mich nach meinem Namen, weil die Abschlusschancen dann höher sind. Nichts Anderes ist es bei digitalen Leads.
Fassen wir die Lead-Management-Elemente hier zusammen, damit wir uns diese im Detail ansehen:
- Tracking: Beobachtung des Stöber-Verhaltens
- Lead Capture: Interesse Abfragen und Daten austauschen
- Lead Scoring und Grading: Budget und Kaufentscheidung validieren
- Lead Nurturing: Aktiver Support in der Kaufentscheidung aka Beratung
- Lead Management: Sicherstellen, dass der Weg zur Kasse klappt
Bevor wir tiefer auf die einzelnen Elemente eingehen, sei erwähnt, dass je nach Business Modell eine Vielzahl an Playern beteiligt sind, bis ein Lead tatsächlich zu einem Kunden wird. Umso wichtiger ist es, den kompletten Funnel im Blick zu behalten und die passende Strategie für dein Business Modell zu definieren.
Den gesamten Funnel im Blick behalten und Prozesse definieren: B2B Leads, B2C Leads
Der Begriff des Leads ist vor allem bei Dienstleistungen, im B2B-Umfeld oder bei langen Entscheidungsprozessen weit verbreitet. Das kann die Entscheidung für eine neue IT-Infrastruktur oder aber der Kauf einer Küche oder Versicherung sein. Je nach Zielgruppe handelt es sich daher um B2B Leads (Unternehmen verkauft an Unternehmen) oder B2C Leads (Unternehmen verkauft an Endkunden). Auch Community- und / oder Freemium-Konzepte sind weitverbreitet. Hier folgt die Monetarisierung erst viel später und es dreht sich nicht alles immer um einen harten Abschluss. Im B2C-Bereich werden Abschlüsse oftmals komplett ohne die Beteiligung des Vertriebs durchgeführt (klassischer Online Shop), auch hier kann es aber Lead-ähnliche Elemente und Methodiken (bspw. Lead Nurturing) geben.
Grundsätzlich kann man von einem Lead Funnel sprechen, bei dem Marketing, Vertrieb und andere Abteilungen eine wichtige Rolle spielen. Der Begriff des Funnels ist aber aus meiner Sicht nicht optimal, verleitet er doch dazu, zu denken, die Schwerkraft würde für einen arbeiten, wenn man nur genug Masse in den oberen Teil des Trichters füllt. Dem ist nicht so, weshalb ich das Modell der Lead-Pyramide bevorzuge. Jeder Qualifizierungsschritt vom Interessenten hin zum Ambassador ist ein Kampf gegen die Schwerkraft (im Marketingsinne, alle Bemühungen gegen schwindendes Interesse und die Mitbewerber).
Tracking: Die Basis für die Leadgenerierung
Wie in jedem guten Gespräch, sollte man initial zuhören und beobachten. Das betrifft nicht nur die Daten von einzelnen Interessenten, sondern vor allem auch Nutzerströme auf den eigenen Channels, die Auskunft geben, wie beliebt bestimmte Themen und Fragestellungen sind. Ganz wichtig dabei ist auch, sich anzusehen, was abseits der eigenen Inhalte passiert. Welche Themen liegen im Trend? Was bewegt die Branche? Wo gibt es Themen, die zu meinem Produkt oder Service passen? Wie kann ich meine Kunden auf die Bühne holen, um neues Business zu generieren?
Bei aller Wichtigkeit des Trackings sollten die Daten aber kein Blocker sein, sich über die nächsten Schritte Gedanken zu machen. Denn wer nur auf Daten wartet, wird nie einen Kunden mit relevanten Inhalten ansprechen und darum geht es schlussendlich bei allen Aktionen.
Online Leadgenerierung: Mögliche Quellen für digitale Lead Captures
„Wir haben doch so viele Inhalte auf unserer Website“, ist ein beliebter Spruch, den ich in den vergangenen Jahren immer wieder gehört habe. Wer allerdings wertvolle Leads generieren möchte, der muss in anderen Mechaniken denken.
Am Ende zählt bei der Leadgenerierung der Tausch von Daten gegen Informationen, ein Probeabo oder ähnliches. Genau diese Premium Inhalte müssen geschaffen werden. E-Books, kostenlose Tests und ähnliches gelten hier als Methoden. Man spricht oft auch von „Gated Content“, also Content, der sich hinter einem Gate verbirgt, welches in vielen Fällen ein Formular ist. Ob eine Newsletter-Anmeldung schon ein Lead ist oder nicht, darüber kann man viel philosophieren. Ich würde sagen, ja, man muss nur was daraus machen.
Lead Capture: Jede Optimierung zählt
Formulare auf Landingpages sind also die erste große Hürde, die einen unbekannten Interessenten, über den wir bereits Tracking-Daten gesammelt haben zu einem identifizierbaren Lead machen. Umso wichtiger ist es, Formulare, Vorteilsargumente etc. laufend zu testen und zu optimieren. Wir haben uns dazu intensiver in unserem Beitrag zur Formularoptimierung beschäftigt.
Kosten und CLV für einen MQL / SQL Lead
Ein entscheidender Punkt bei der Optimierung digitaler Channels (Ads, SEO, Social, Mailings, etc.) ist die Frage nach der Leadqualität im Verhältnis zu den Kosten, die er in der Generierung verursacht und dem CLV (Customer Lifetime Value), den er am Ende unter Betrachtung einer gewissen Conversion Rate generiert. Oft arbeiten Marketing-Teams noch in der Logik „Viel hilft viel“. Der Vertrieb wird mit „Leads“ überflutet, die oft nicht mehr als eine E-Mail-Adresse und ein Name sind. Die Chancen auf einen Abschluss sind gering, der Frust in beiden Teams hoch.
Lead Management: Gemeinsames Verständnis in der Leadgenerierung
Ein gemeinsames Verständnis für Leads zwischen Marketing und Vertrieb und eine Kategorisierung von Leads und deren Wert ist daher wichtig, um Lead-Generation-Projekte nicht im Keim zu gefährden. Zwei Definition sind dabei von zentraler Bedeutung:
MQL: Marketing Qualified Lead
Der Zeitpunkt an dem Marketing einen Interessenten als so weit „gereift“ sieht, dass dieser mit gutem Gewissen als „Lead“ für ein bestimmtes Thema bezeichnet werden kann. Um zum initialen Beispiel zurückzukehren: Ich trage 3 weiße Hemden in die Umkleidekabine.
SQL: Sales Qualified Lead
Ein Sales Qualified Lead ist danach die Bestätigung aus dem Vertrieb. Ja, dieser Lead erfüllt unsere Mindestkriterien, wir können damit gut arbeiten und eine gewisse Abschlussrate zusichern und der übliche Abschlusswert, oder bei Abos und laufenden Verträgen der CLV, in dieser Leadkategorie liegt bei X Euro.
Wir sehen also mehrere Elemente in dieser Lead Strecke. Marketing muss wirklich hochwertige Interessen zu einem vernünftigen Preis liefern, die die Mindestanforderungen des Vertriebs erfüllen. Der Vertrieb muss dann schnell reagieren und diese Leads in Business umwandeln. Passt die Qualität nicht oder sind die Beschaffungspreise im Marketing zu hoch, muss dies unmittelbar zurückgemeldet werden.
Pro Tipp: In der Praxis arbeiten wir nicht mit einer Conversion-Anzahl, sondern klar definierten Conversion-Werten, die dann optimiert werden. So ist sichergestellt, dass jene Produkte und Services im Portfolio mit der höchsten Marge die entsprechende Priorität bekommen.
Lead Scoring / Grading
Zwei Begrifflichkeiten werden im Kontext Lead-Qualität immer wieder erwähnt. Lead Scoring und Lead Grading sind im Kern eine vereinfachte Darstellung eines Conversion-Wertes, der vielleicht noch definiert werden muss.
Lead Scoring: Definiert das Verhalten einer Person auf der Website oder die Reaktion auf E-Mails. Wird eine bestimmte Fokusseite aufgerufen, erhält die Person im System Punkte. Wird eine E-Mail geöffnet, gibt es ebenfalls Punkte, die sich nach und nach summieren und auch in Kategorien clustern lassen. Ich könnte also erkennen: Ein Lead interessiert sich in den letzten 2 Wochen sehr stark für die Preise unserer Lead-Machine-Lösung. Ein klares Signal hier im Vertrieb aktiv zu werden. Wichtig dabei sind aber Schwellenwerte, die definieren, wann das Interesse groß genug ist. 100 Punkte, 1.000 Punkte, es kommt darauf an…
Lead Grading: Bezeichnet den Fit eines Leads zum Unternehmen und auch hier gilt es eine logische Kategorisierung zu finden. Verständlich wird es an folgendem Beispiel: Ich verkaufe eine Softwarelösung, mit der ich meine Mitarbeiter zu Botschaftern meiner Inhalte mache. Als Hersteller suche ich daher nach Unternehmen, die im Idealfall möglichst viele Mitarbeiter haben (Lizenzpreis und Netzwerkeffekt) und die Person, die die Anfrage stellt, sollte jemand sein, der eine Budgetentscheidung treffen kann oder diese beeinflusst. Beide Kriterien ergeben einen Fit. Diese werden als Rating in Buchstaben oder ebenfalls als Punkte abgebildet.
Unser Ziel-Lead: Ein hoher Score, der auf Interesse in einer Kategorie hindeutet und ein hoher Fit zum Unternehmen. Der CLV wird in einem nächsten Schritt dann nachgeschärft und Ad Channels und Content dahingehend optimiert.
Lead Nurturing
Bei einer steigenden Anzahl an Leads und Kategorien wird schnell klar, dass nicht mehr alle Leads manuell bearbeitet werden können. Marketing Automation Tools unterstützen dich dabei, jene Leads, die noch nicht für einen Abschluss bereit sind, mit smarten Lead-Nurturing-Strecken weiter zu beraten. Lead Nurturing beschreibt den Prozess, den wir üblicherweise als Beratung bezeichnen würden. Diese Mailings, Banner, In-App-Benachrichtigen und ähnliche Channels werden genutzt, um eine runde Geschichte zu erzählen. So wird ein Lead, der ein latentes Interesse an einem Thema hat, weiter in Richtung Abschluss begleitet. Übliche Inhalte sind:
- Erfolgsgeschichten
- Anwendungsfelder eines Produktes
- Auszeichnungen
- Case Studies anderer Unternehmen
- Webinar-Einladungen
- Branchenspezifischer Content
- Inhalte, die auf die Position und deren Rolle im Unternehmen abzielen
- Klassische USP Mailings
- Mitbewerbervergleiche
- Exklusive Rabatte
- Angebote zur Besprechung der eigenen Situation
- …
Die Kunst bei der steigenden Anzahl an Touchpoints eine runde Geschichte zu erzählen, die Interessenten überzeugt, ist das was so viel Spaß an Marketing Automation und Leadgenerierungsprojekten macht. Man könnte sagen, es ist die digitale Beratung einer Person von einem initialen Interesse hin zu einer Kaufentscheidung, die messbar Marketing und Vertrieb glücklich macht und damit nachhaltig Unternehmensgewinne erzielt.
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