Eine Heuristische Analyse (oder auch Expertenreview, Expertenevaluation, Heuristische Evaluation) ist eine Evaluation, bei der durch eine oder mehrere Expertinnen geprüft wird, ob eine Website oder ein Tool bestimmte Anforderungen – „Heuristiken“ – erfüllt. Es können Standard-Heuristiken oder selbst definierte Heuristiken auf Basis eigener Kriterien verwendet werden. Heuristiken sind also eine Art Checkliste, anhand derer sich der Experte durch die Anwendung arbeitet. Die bekanntesten Heuristiken für Usability entstammen den Grundsätzen der Dialoggestaltung, Ergonomie der Mensch-System-Interaktion, DIN EN ISO 9241-110. Diese sind ein internationaler Standard, der Richtlinien der Mensch-Computer-Interaktion beschreibt und wurden im Laufe der Zeit immer wieder ergänzt und aktualisiert. Sie werden jedoch, je nach Zielgruppe, häufig in abgewandelter, bzw. angepasster Form benutzt.
Je nach Zielstellung kommen auch andere Heuristiken zum Einsatz. Betrachtet man zum Beispiel nur die Textqualität, können die Heuristiken des Hamburger Verständlichkeitskonzept verwendet werden. Für die Überprüfung des Conversion-Funnels können die für diverse Branchen bereitgestellten Heuristiken aus den Google UX Playbooks verwendet werden.
Eine Unterart der Experten-Evaluation ist der Cognitive Walk Through bei dem sich die Expertin in den Nutzer hineinversetzt und an seiner Stelle eine Aufgabe erfüllt.
Wann setzt man Heuristische Analyse ein?
Bei Überarbeitung von Websites oder Tools ist die Heuristische Evaluation ein sinnvolles Mittel, um die wichtigsten Unstimmigkeiten und Hemmnisse aufzudecken. Es handelt sich jedoch immer nur um Standards. Das heißt, nur Websites und Anwendungen, die nicht auf der Höhe der Zeit sind, profitieren wirklich. Der Erfinder, Rolf Molich, kritisiert daher selbst den branchenüblichen Einsatz – , nämlich dass Heuristische Evaluationen als Ersatz für Nutzertests – wie z. B. dem Usability Test – verwendet werden anstatt – wie gedacht – ergänzend.
Was ist bei Heuristische Analyse zu beachten?
- Heuristische Evaluationen basieren immer nur auf bekannten Best Practises. Neuerungen entstehen durch den Einsatz dieser Methode nur sehr selten. Wer neue Ideen sucht, sollte z. B. besser Fokusgruppen als Methode einsetzen.
- Da der Interpretationsspielraum teilweise sehr hoch ist (Beispiel: Wie bewertet man objektiv, ob „Erwartungskonformität“ oder „Konsistenz“ erreicht werden?), sollten heuristische Analysen nur von erfahrenen Experten durchgeführt werden.
- Auch die Voreingenommenheit (Bias) von Experten, mit überdurchschnittlicher Erfahrung im digitalen Kontext kann zu Fehlinterpretationen führen.
Welche typischen Fragestellungen kann man mit der Heuristische Analyse beantworten?
- Entspricht unsere Anwendung bzw. Website den vorgegebenen Kriterien?
- Welche Kriterien werden nicht erfüllt?
- Welche allgemeinen Fehler kann der Experte finden?
Heuristischen Analysen in den Projektphasen
Heuristische Analysen, durchgeführt durch Experten, sind vor allem in der Konzeptionsphase sinnvoll um Fehler zu entdecken.
Vorgehen bei der Heuristischen Analyse
Vorbereitung
- Prüfungsrahmen definieren
Durchführung
- Die Experten prüfen die Anwendung unter Zuhilfenahme der Heuristiken separat voneinander
- am besten in zwei Durchläufen (Gesamtbild und Details)
Auswertung: Ergebnisse auswerten / Workshop
- Zusammenführung der Expertenevaluationen
- Beschreibung der Usability-Probleme
Übliche Heuristiken
- Grundsätze der Dialoggestaltung:
https://de.wikipedia.org/wiki/ISO_9241#ISO_9241-110_Grundsätze_der_Dialoggestaltung - Darauf aufbauende Heuristiken nach Nielsen:
http://www.usabilityreport.de/usability-heuristiken-nielsen - Die Google UX Playbooks (hier geht es jedoch nicht vorrangig um UX, sondern um Abverkauf) für verschiedene Branchen:
https://www.reddit.com/r/SEO/comments/adgd40/google_ux_playbooks_proprietaryconfidential/ - Das Hamburger Verständlichkeitskonzept für informative Texte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Verständlichkeitskonzept
Mögliche Next Steps
- Anforderungen aktualisieren
- Entwicklung von Touchpoint-Optimierungen
Hier geht‘s zum User Research Tool
Zu den einzelnen Methoden:
Nutzerinterviews: Universelle Werkzeuge
Shadowing: Nutzer beobachten statt fragen
Service Safari: In der Haut des Nutzers
Fokusgruppen: Diskussionen, Wahrnehmungen, Ideen
Research-Methode Wettbewerbsanalyse: Wie stehe ich im Vergleich da?
Online-Befragung: Ergebnisse quantifizieren
Stakeholder-Analyse: Wissen, mit wem du sprichst
Tagebuchstudien: Routinen erkennen und verbessern
Surrogate User Interviews: Wenn Nutzer schwer erreichbar sind
Usability Tests: Websites, Anwendungen oder Prototypen testen
5 Seconds Test: Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance
Barrierefreiheit prüfen: Accessibility Audit
A/B Tests: Kleine Verbesserungen mit großer Wirkung
Webanalyse: Quantitative Daten schnell erfassen