Das Nutzerinterview ist ein geleitetes Gespräch mit einzelnen Nutzern. Es dient dazu, eine spezifische Nutzergruppe, deren Bedürfnisse oder mentale Modelle besser kennenzulernen und herauszufinden, auf welche Art sie Unternehmen, Produkte oder digitale Angebote wahrnehmen, interpretieren und nutzen – oder auch, wie sie sie gerne nutzen würden.
Einige Arten von Nutzerinterviews
Kontextuelle Interviews
Kontextuelle Interviews finden immer im Benutzungszusammenhang statt. Das heißt: genau an dem Ort und mit den Tools, die normalerweise in der Situation genutzt werden. So sollten kontextuelle Interviews für eine ÖPNV-Ticket-App beispielsweise auf dem Bahnsteig und mithilfe des Smartphones des Nutzers stattfinden.
Fragt man Nutzer, was sie in bestimmten Situationen tun würden, unterscheidet sich ihre Antwort häufig stark von dem, was sie dann wirklich tun. Für die Beurteilung und Auswertung des Nutzungsverhaltens ist es jedoch weitaus wichtiger zu erfahren, wie Nutzer tatsächlich agieren als das, was sie davon mitteilen. Kontextuelle Interviews beziehen – wie auch beim Shadowing – die Beobachtung von Handlungen, Reaktionen und Umfeld mit in die Auswertung ein und liefern so sehr aussagekräftige Ergebnisse.
Lead User Interviews
Bei Lead User Interviews werden besonders aktive und fortschrittliche Nutzer als Testpersonen ausgewählt. Bei breit gestreuten Zielgruppen können mit dieser Form von Interview relativ einfach potentielle Bedürfnisse und Optimierungschancen aufgedeckt werden.
Tiefeninterviews
Tiefeninterviews ermöglichen es, durch indirekte, assoziative oder vergleichende Fragestellungen unbewusste Motivatoren oder schwer beschreibbare Anforderungen zu entdecken. Wichtige Hinweise für Innovationen und Weiterentwicklungen kommen häufig aus Tiefeninterviews.
Telefoninterviews
Wie der Name schon sagt, findet diese Art von Interview per Telefon statt. Telefoninterviews sind besonders bei lokal verteilten Nutzern sehr praktisch und schnell und unaufwändig durchführbar. Ein wesentlicher Nachteil besteht jedoch darin, dass bei der Erfassung wesentliche Aspekte der Kommunikation fehlen, die beim direkten Kontakt beobachtbar wären – wie etwa Mimik oder Gestik.
Welche Fragestellungen kann man mit Nutzerinterviews beantworten?
- Was sind die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzergruppen?
- Welche mentalen Modelle stecken hinter ihren Vorgehensweisen?
- Welche unterschiedlichen Vorgehensweisen zum Ziel gibt es?
Nutzerinterviews in den Projektphasen
Nutzerinterviews können auch in der Umsetzungsphase eingesetzt werden, essentielle Fragen sollten dann jedoch bereits geklärt sein. Klassische Fragen der Umsetzungsphase klärt man eher mit zum Beispiel Usability Tests.
Vorgehen bei kontextuellen Nutzerinterviews
Leitfragen definieren
Welches Wissen ist wichtig für das Projekt?
zum Beispiel:
- Wie geht der Nutzer vor?
- Welche Motivationen liegen seiner Vorgehensweise zugrunde?
- Wie handeln Nutzer unter Zeitdruck?
Zielgruppen abhängig von der Fragestellung definieren
zum Beispiel:
- der Filialmitarbeiter, der hauptsächlich Daten einpflegt und informiert
- der Kundenberater, der berät und Verträge macht
- der Kunde, der ein Produkt abschließen möchte
Erhebungsmethoden, Rekrutierung und Planung
- Interviewleitfaden erarbeiten
- Testpersonen rekrutieren
- Durchführung planen
- Testpersonen kontaktieren
Durchführung: Daten sammeln
- 30-60 Minuten pro Interview
- Ein Interviewer, ein Protokollant
- Handschriftliche oder Audio-Protokolle
Mögliche Next Steps
- Anforderungen definieren
- Erstellung von Affinitätsdiagrammen z.B. für Ideation-Workshops
- Weiterentwicklung zu Personas, Customer Journey Maps, u.v.m.
- Hypothesenbildung für A/B Tests
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Zu den einzelnen Methoden:
Shadowing: Nutzer beobachten statt fragen
Service Safari: In der Haut des Nutzers
Fokusgruppen: Diskussionen, Wahrnehmungen, Ideen
Research-Methode Wettbewerbsanalyse: Wie stehe ich im Vergleich da?
Online-Befragung: Ergebnisse quantifizieren
Stakeholder-Analyse: Wissen, mit wem du sprichst
Tagebuchstudien: Routinen erkennen und verbessern
Surrogate User Interviews: Wenn Nutzer schwer erreichbar sind
Usability Tests: Websites, Anwendungen oder Prototypen testen
5 Seconds Test: Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance
Barrierefreiheit prüfen: Accessibility Audit
A/B Tests: Kleine Verbesserungen mit großer Wirkung
Heuristische Analyse: Checklisten für mehr Nutzerfreundlichkeit
Webanalyse: Quantitative Daten schnell erfassen