Usability Tests werden „am lebenden Objekt“ eingesetzt. Es muss also mindestens ein Prototyp oder eine Bestandsanwendung einer Website, eines Tools oder eines digitalen Services vorhanden sein. Testpersonen, die zu einer definierten Zielgruppe gehören, erledigen dabei eine oder mehrere konkrete Aufgaben und werden währenddessen aufgefordert, ihre Vorgehensweise zu kommentieren. Usability Tests zeigen Painpoints bei der Nutzung auf und liefern wertvolle Erkenntnisse zur Optimierung der konkret getesteten Anwendung.
Wann setzt man Usability Tests ein?
Usability Tests werden eingesetzt, wenn man eine Website, ein Tool oder einen digitalen Service verbessern möchte. Dabei werden vor allem die Vorgehensweisen und Erfahrungen während der Benutzung erforscht. Woher der Nutzer kommt – physisch, situativ oder psychologisch – steht nicht im Fokus: Es wird also nicht die gesamte Experience betrachtet, sondern nur ein Ausschnitt.
Was ist bei Usability Tests zu beachten?
Beim Usability Test wird die Methode des „Lauten Denkens“ eingesetzt. Dabei kommentiert der Testnutzer kontinuierlich sein Handeln. Die Methode wird im Vorfeld des Tests geübt, so dass während des Tests ein kleiner Impuls à la „Bitte denken Sie daran, laut zu denken“ genügen sollte, um die Testperson in Redelaune zu halten. Diese ungewöhnliche Situation kann einige Testnutzer allerdings irritieren, was durch den Einsatz eines erfahrenen und einfühlsamen Interviewers jedoch weitgehend ausgeglichen werden kann.
Welche Arten von Usability Tests gibt es?
Labor Usability Test
Im Labor wird die Aufgabe von einer Testperson in einer künstlich geschaffenen Situation erledigt. In der Regel besteht diese aus der Testperson, dem Interviewer, einer Videokamera oder einem Audioaufnahmegerät und dem Device, in dem die Anwendung läuft. Ein wesentlicher Vorteil dieser Testform ist, dass weitere Personen (Kunden, Designer, Programmierer) den Test live durch einen Spiegel oder auf einem Monitor mitverfolgen können. Das fördert massiv das Bewusstsein für die Bedürfnisse und Fragen der Nutzergruppe. Allerdings hat die genannte künstliche Situation auch Nachteile, da die Teilnehmer nicht immer unbefangen agieren.
Moderierter Remote Usability Test
Beim moderierten Remote Usability Tests (mRUT) (mehr zur Durchführung hier) werden die Testpersonen via Telefon, Skype oder einer anderen Technologie befragt. Der wesentliche Unterschied ist, dass sich der Interviewer und der Protokollant nicht am gleichen Ort befinden. Eingesetzt werden Remote Usability Tests, wenn die Anreise der Testpersonen umständlich oder zu teuer wäre. Nachteil ist, dass durch die technische Übertragung Gefühlsregungen und Zwischentöne verloren gehen können.
Asynchroner Remote Usability Test
Beim asynchronen Remote Usability Test (aRUT) wird der Test mit einem Online-Testtool durchgeführt. Vorteil ist hier, dass eine große Menge Nutzer den Test gleichzeitig durchlaufen kann und dass man so sehr kurzfristig eine große Anzahl an Ergebnissen erhält.
Usability Test im Feld
Ein Usability Test im Feld begleitet die Testperson dorthin, wo sie die Anwendung normalerweise bedient. Er ist vor allem im Hinblick auf mobile Anwendungen sinnvoll und erlaubt es, den Nutzungskontext, also die reale Situation, in die Befragung mit einzubeziehen. Siehe auch kontextuelle Interviews.
Typische initiale Fragestellung bei Usability Tests:
- Verstehen die Nutzer die Anwendung?
- Wie wird die Anwendung bedient?
- Auf welche Hindernisse stoßen die Nutzer? Was hindert sie am Abschluss?
Usability Tests in den Projektphasen
Usability Test können in der Strategiephase natürlich an Anwendungen, die optimiert werden sollen, eingesetzt werden.
Vorgehen bei Usability Tests
Testziel definieren
- Was soll durch den Test beantwortet oder überprüft werden?
Zielgruppen abhängig von der Fragestellung definieren
- Potenzielle Nutzer, idealerweise rekrutiert auf der Basis von Personas
- Ansonsten sollten zur Rekrutierung Nutzerprofile definiert werden. Zum Beispiel: „20-35jährige Männer, die einen Bausparvertrag abschließen möchten“
Erhebungsmethoden, Rekrutierung und Planung
- Aufgabenstellung erarbeiten
- Testpersonen rekrutieren
- Durchführung planen, ggf. Räume oder Technik bereitstellen, auch ggf. für Zuschauer
- Testpersonen kontaktieren und vorbereiten
Durchführung: Daten sammeln
- ca. 45 Minuten
- Teilnehmende: Testperson, Moderator, Protokollant und Zuschauer
- Aufnahme der Kommentare per Video, Audio und oder Protokoll
- Dem Protokollanten kann auch eine spezifische Beobachtungsaufgabe aufgetragen werden, zum Beispiel auf Workarounds oder auf die Verständlichkeit von Fachbegriffen zu achten
Auswertung
- Klassischer Output eines Usability Tests ist die Ergebnispräsentation. Darüber hinaus können die Ergebnisse auch gebündelt in einer User Journey Map für den betrachteten Prozessausschnitt dargestellt und ausgewertet werden.
Mögliche Next Steps
- Aktualisierung von Anforderungen
- Dokumentation im Customer Journey Monitoring
- Erstellung von Affinitätsdiagrammen z.B. für Ideation-Workshops
- Hypothesenbildung für A/B Tests
- Entwicklung von Touchpoint-Optimierungen
Hier geht‘s zum User Research Tool
Zu den einzelnen Methoden:
Nutzerinterviews: Universelle Werkzeuge
Shadowing: Nutzer beobachten statt fragen
Service Safari: In der Haut des Nutzers
Fokusgruppen: Diskussionen, Wahrnehmungen, Ideen
Research-Methode Wettbewerbsanalyse: Wie stehe ich im Vergleich da?
Online-Befragung: Ergebnisse quantifizieren
Stakeholder-Analyse: Wissen, mit wem du sprichst
Tagebuchstudien: Routinen erkennen und verbessern
Surrogate User Interviews: Wenn Nutzer schwer erreichbar sind
5 Seconds Test: Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance
Barrierefreiheit prüfen: Accessibility Audit
A/B Tests: Kleine Verbesserungen mit großer Wirkung
Heuristische Analyse: Checklisten für mehr Nutzerfreundlichkeit
Webanalyse: Quantitative Daten schnell erfassen